Home
| Orgonomischer
Funktionalismus |
|||
Bernd Senf in
|
|
|
Die Vielfalt der Gebiete, auf denen Wilhelm Reich grundlegende Forschungen betrieben hat, erscheint auf den ersten Blick mehr als verwirrend. Allein die Tatsache, dass er in Bereichen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, zu umwälzenden Erkenntnissen gekommen sein will, ist für viele schon Grund genug, ihn von vornherein als wissenschaftlichen Laien einzustufen und nicht ernst zu nehmen oder ihn gar als Spinner abzutun. Auf der anderen Seite deutet immer mehr darauf hin, dass die herrschenden Wissenschaften mit ihren traditionellen Forschungsmethoden und mit ihrer Aufspaltung in einzelne Disziplinen gegenüber der grundlegenden Erklärung und Bewältigung lebensfeindlicher Tendenzen nicht nur hilflos sind, sondern sogar mit zu ihrer Verstärkung beitragen. Meine These ist die, dass für Reich die
Aufdeckung grundlegender Zusammenhänge über die Zerstörung des
Lebendigen überhaupt nur dadurch gelingen konnte, dass er mit einer
grundsätzlich andersartigen Forschungsmethode an die Untersuchung von
Mensch, Natur und Gesellschaft herangegangen ist als die herrschenden
Wissenschaften. Ich will im folgenden versuchen, das Besondere der
Reichschen Forschungsmethode herauszuarbeiten, nicht nur, um den
Forschungsprozess von Reich selbst in seinem inneren Zusammenhang besser
verständlich werden zu lassen; sondern auch, um zu sensibilisieren gegenüber
dem erkenntniszerstörenden Charakter herrschender Wissenschaften. Die
bewusste und kreative Anwendung der Reichschen Forschungsmethode scheint
mir eine wesentliche Grundlage zu sein für die Entwicklung einer
emanzipatorischen Wissenschaft, die mit dazu beitragen kann, das
Lebendige aus der Herrschaft des Erstarrten zu befreien und die mit dieser
Herrschaft verbundenen destruktiven Tendenzen auf den verschiedensten
Ebenen umzukehren. I.
Vorläufer der funktionellen Denkmethode Bis
zuletzt hat Reich nicht für sich in Anspruch genommen, eine prinzipiell
neue Forschungsmethode entwickelt oder als erster angewendet zu haben.
Vielmehr betont er, dass die seinen Forschungen zugrundeliegende
Erkenntnismethode mindestens in Ansätzen schon von anderen verwendet
wurde: „Obgleich die funktionelle
Denktechnik hier zum erstenmal systematisch beschrieben wird, wurde sie
doch von vielen Forschern mehr oder minder bewusst angewendet, ehe sie die
starren Grenzen in der Naturforschung endgültig in Form der Orgonomie überwand.
Ich möchte nun die wichtigsten Namen nennen, deren Träger ich viel zu
danken habe: De Coster, Dostojewski, Albert Lange, Friedrich Nietzsche,
Lewis Morgen, Charles Darwin, Friedrich Engels, Semon, Bergson, Freud,
Malinowski unter anderen. Wenn ich früher sagte, ich hätte mich in einen
„neuen Denkbereich“ hineingestellt gefunden, so ist das nicht so
aufzufassen, als ob der energetische Funktionalismus „fertig“ gewesen
(wäre) und auf mich nur gewartet hätte; oder dass ich mir die
Denktechnik von Bergson oder Engels einfach hätte aneignen und auf mein
Problemgebiet glatt anwenden können. Die Formung der Denktechnik war
selbst ein Stück Arbeit, die im Kampf meiner praktischen Tätigkeit als
Arzt und Forscher gegen die mechanistischen und mystischen Deutungen des
Lebendigen geleistet werden musste. Ich habe also nicht etwa eine „neue
Philosophie“ entwickelt, die neben anderen oder in Zusammenarbeit mit
anderen Lebensphilosophien das Lebendige menschlichem Begreifen nahe zu
bringen versucht. II.
Funktionalismus - Aufspüren gemeinsamer Funktionsprinzipien Ein
wesentliches Prinzip der funktionellen Forschungsmethode besteht darin,
unterschiedliche Erscheinungen der beobachteten Realität auf gleiche
tieferliegende Wurzeln, auf „gemeinsame Funktionsprinzipien“ (CFP =
Common Functioning Principle) zurückzuführen. Am deutlichsten lässt
sich diese Vorgehensweise mit dem Bild eines Baumes veranschaulichen: So
sehr sich jeder einzelne Zweig von anderen Zweigen unterscheidet, so
sehr entspringen sie doch alle gemeinsamen tieferliegenden Ästen, die
sich - wenn man immer tiefer geht - schließlich zurückführen lassen auf
einen gemeinsamen Stamm. Wenn es sich bei den
tieferliegenden Wurzeln jeweils um gemeinsame Funktionsprinzipien handelt,
die allen daraus abgeleiteten Erscheinungen zugrunde liegen, dann lassen
sich die unterschiedlichen Erscheinungen in ihrem Zusammenhang ganz anders
verstehen, als wenn die tiefere Wurzel unbekannt wäre: Das, was bei
oberflächlicher Betrachtung als zusammenhanglos erscheint, wird durch
die Aufdeckung gemeinsamer Wurzeln aus einem tieferen Zusammenhang heraus
verständlich. Die funktionelle Denkmethode leugnet nicht die Unterschiede
der einzelnen Erscheinungen, aber sie sucht vor allem nach den
tieferliegenden gemeinsamen Funktionsprinzipien, die den unterschiedlichen
Erscheinungen zugrunde liegen. Reich schreibt zu dieser Methode: „Der
Unterschied grundsätzlicher Natur zwischen Orgonomischem Funktionalismus
und allen anderen Denkmethoden besteht darin, dass der lebendige
Organismus nicht nur direkt verknüpft, sondern überdies nach einer
gemeinsamen, dritten und tieferen Funktionsbeziehung sucht. Es folgt nun
einfach und logisch aus dieser Verknüpfung zweier Funktionen über ein
drittes und gemeinsames Funktionsprinzip: 1.
Sämtliche existierenden Funktionen werden im Fortschritt der Erkenntnis
einfacher und nicht komplizierter. Hier befindet sich der Orgonomische
Funktionalismus in scharfem Widerspruch zu allen anderen Denkmethoden. Für
den Mechanisten und den Metaphysiker wird die Welt um so komplizierter, je
weiter das Wissen über Tatsachen und Funktionen fortschreitet. Dem
Funktionalisten werden die Naturprozesse einfacher, heller und
durchsichtiger. „Die
mechanistische Denkweise bevorzugt das Unterscheidende, übersieht gewöhnlich
das Gemeinsame, und wird daher starr und scharf trennend. Die funktionelle
Denkweise ist zunächst einmal am Gemeinsamen interessiert, da die
Betrachtung des Gemeinsamen tiefer und weiter führt ... Das Gemeinsame
ist immer auch dasjenige, das auf gemeinsamen Ursprung hinweist. Die
Erforschungen gemeinsamer Funktionen verschiedener Erscheinungen ist daher
stets auch historische und genetische Forschung.“
(*8) III.
Reichs Forschungsprozeß unter
methodischem Gesichtspunkt
1)
Panzerung - gemeinsame Wurzel
neurotischer Erkrankungen Die folgenden Schwerpunkte sind zusätzlich in der PDF-Datei (33 Seiten) zu finden:
|
|
Home | Orgonomischer Funktionalismus
Version: 24.06.08 20:27:12