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![]() Die blinden Flecken der Ökonomie Broschiert - 303 Seiten 2. Auflage April 2002 ISBN: 978-3-87998-452-7 Dieses Buch erscheint nun im Metropolis Verlag. |
Bernd Senf zeigt die Stärken und Schwächen der gängigen Wirtschaftstheorien auf und entwirft eine undogmatische Synthese ihrer richtigen Erkenntnisse. Während im Zuge der Globalisierung immer mehr Lebensbereiche den wirtschaftlichen Sachzwängen unterworfen werden, ist das Bewußtsein für die »blinden Flecken« der Ökonomie bisher wenig entwickelt. Dabei beeinflussen Wirtschaftstheorien die gesellschaftliche Entwicklung viel stärker, als gemeinhin angenommen wird, und sie haben bei der Lösung von Krisen schon mehrmals versagt. Vom blinden Glauben an den Neoliberalismus gehen heute erneut Gefahren aus, die es rechtzeitig zu erkennen gilt, bevor die Entwicklung zu neuen Katastrophen führt. Bernd Senf, lehrte von 1973 bis März 2009 als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) Berlin. Seit April 2009 ist er nur noch frei schaffend tätig – mit Vorträgen, Seminaren, Workshops, Veröffentlichungen und der Begleitung zukunftsweisender Projekte. Von ihm sind u. a. erschienen: >Politische Ökonomie des Kapitalismus< (Berlin 1978), >Der programmierte Kopf - Zur Sozialgeschichte der Datenverarbeitung< (zusammen mit Peter Brödner und Detlev Krüger, Berlin 1981), >Der Nebel um das Geld - Zinsproblematik, Währungssysteme und Wirtschaftskrisen< (Lütjenburg 1996) sowie >Die Wiederentdeckung des Lebendigen< (Frankfurt am Main 1996). |
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Wirtschaftstheorien werden
nicht im luftleeren Raum entwickelt, sondern sie entstehen aus den
jeweiligen gesellschaftlichen Gegebenheiten. Die Ökonomie ist eben keine
exakte Wissenschaft. Wie Bernd Senf überzeugend und
allgemeinverständlich darlegt, versucht jede neue ökonomische Theorie
die »blinden Flecken« der vorangegangenen zu erhellen - der Marxismus
war eine Antwort auf den Liberalismus, der Neoliberalismus reagierte auf
den Keynesianismus. Doch anstatt die positiven Aspekte der »überholten«
Theorie zu integrieren und zu verbessern, wurden und werden diese oftmals
radikal ausgeklammert, wenn ein allgemeingültiges neues ökonomisches
Weltbild etabliert werden soll. So wird ein sich selbsterhaltendes System
von blinden Flecken geschaffen, das von seinen Vertretern oft mit fast
schon religiösem Eifer verteidigt wird - die Folgen können katastrophal
sein, wie die Weltwirtschaftskrisen und die Börsencrashs der jüngsten
Zeit zeigen. Bernd Senf zeigt die Stärken und Schwächen der einzelnen
Theorien auf und entwirft eine undogmatische Synthese ihrer richtigen
Erkenntnisse und deren Weiterentwicklung. Buchbesprechungen Buchbesprechung von Thomas Betz in der Zeitschrift für Sozialökonomie (pdf 86k) Buchbesprechung von Wolfgang Fischer in Emanzipation Humanum Buchbesprechung von Renate Börger Rezensionen auf www.amazon.de Vorträge Vortrag von Bernd Senf zu diesem Buch als CD/MC Zusätzliche Artikel von Bernd Senf zu diesem Buchtitel (exklusiv auf dem Web!) Synthese zwischen Marx und Gesell? Für einen Abbau ideologischer Mauern (pdf 304k) Ricardo und der Boden Zur historischen und aktuellen Bedeutung der Differentialrenten-Theorie (pdf 217k) Kreditbedarf, Verschuldung und Enteignung - ein Grundmuster in der Geschichte des Geldes (pdf 147k) Gewalt als Begründer und Begleiter des Feudalismus (pdf 268k) Silvio Gesells Kritik am privaten Bodeneigentum - und seine Vorschläge für eine Bodenreform (pdf 168k) Die Massenpsychologie des Faschismus (pdf 154k) Die Marxsche Utopie und der Realsozialismus - Übereinstimmung oder Widerspruch (pdf 167k) Der Zins bei Marx und Gesell - Über das Verhältnis von Wert-Schöpfung und Wert-Abschöpfung (pdf 131k) Der Wahnsinn des durchdrehenden Kapitalismus (pdf 135k) Der kranke Wohlstand - Zur Bedeutung von Wilhelm Reich für die Wirtschaftstheorie (pdf 276k) |
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Inhaltsverzeichnis | |
7 |
Einleitung: Ökonomie als neue Weltreligion |
14 |
François
Quesnay: Die Wirtschaftstheorie der Physiokraten - ein wissenschaftlicher Rettungsversuch des Feudalismus |
20 |
Adam
Smith: Der bürgerliche Liberalismus - die Botschaft vom allgemeinen wachsenden Wohlstand |
20 | Die Auflehnung des Bürgertums gegen die Feudalherrschaft |
22 | Elemente der klassischen Theorie |
30 | Licht und Schatten der Arbeitsteilung |
43 | Gewinn und Verlust - Zuckerbrot und Peitsche |
45 | Die klassischen Vorstellungen von der Funktionsweise der Marktmechanismen |
55 | Kapitalismus und Verelendung der Arbeiter |
58 | Karl
Marx: Die soziale Krise des Kapitalismus und die Erschütterung der bürgerlichen Gesellschaft |
58 | Die Theorie der Entfremdung |
61 | Die historische Entstehung des Kapitalismus: die ursprüngliche Akkumulation |
69 | Die Mehrwerttheorie |
102 | Die blinden Flecken bei Marx |
117 | Menger,
Jevons und Walras: Die Neoklassik - eine neue heile Welt der Ökonomie |
117 | Der ideologische Gegenschlag gegen den Marxismus |
119 | Das neoklassische Theoriegebäude |
142 | Mein Zweifeln an der Neoklassik |
144 | Von der Ökonomie zur Psychoanalyse - mein Zugang zu Freud und Reich |
147 | Wirtschaft gesund - Mensch krank |
148 | Die emotionale Blindheit der Neoklassik |
149 | Die neoklassische Blindheit gegenüber immanenten Krisen |
151 |
Silvio
Gesell: Freiwirtschaftslehre und natürliche Wirtschaftsordnung - weder Kapitalismus noch Sozialismus |
153 | Gesells Kritik an Marx |
159 | Die Problematik des Zinssystems |
191 | Die Lösung der Blockierung ist die Lösung |
195 | Die Blindheit der Freiwirtschaftslehre gegenüber der Natur |
198 | John
Maynard Keynes: Weltwirtschaftskrise und die Revolution des ökonomischen Denkens |
199 | Das Theoriegebäude von Keynes |
214 | Die Keynessche Beschäftigungstheorie und -Politik |
230 | Die blinden Flecken des Keynesianismus |
240 | Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Keynes und Gesell |
242 | Milton
Friedman: Die »monetaristische Gegenrevolution« als Wegbereiter von Neoliberalismus und Globalisierung |
243 | Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und Inflationsgefahr in den USA |
244 | Monetarismus - der »monetäre Drogenentzug« |
246 | Friedmans Erklärung der Weltwirtschaftskrise |
249 | Die geldpolitischen Konsequenzen des Monetarismus |
253 | Monetarismus und Wiederauferstehung des Liberalismus |
256 | Monetarismus und Konfliktverschärfung |
269 | Gefahren der Globalisierung eine Auswahl kritischer Bücher |
270 | James Goldsmith: Die Falle |
272 | Jeremy Rifkin: >Das Ende der Arbeit< |
275 | Hans-Peter Martin und Harald Schumann: >Die Globalisierungsfalle< |
278 | Maria
Mies und Claudia von Werlhof: >Lizenz zum Plündern - Das multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI)< |
281 | Viviane Forrester: >Der Terror der Ökonomie< |
282 | George Soros: >Die Krise des globalen Kapitalismus< |
287 | Anmerkungen |
298 | Literatur |
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Einleitung: Ökonomie als neue Weltreligion Wirtschaftliche Sachzwänge bestimmen weite Bereiche unseres individuellen und gesellschaftlichen Lebens und setzen den Rahmen für die Gestaltungsmöglichkeiten von Politik. Wir haben uns daran gewöhnt, daß Entwürfe für gesellschaftliche Veränderungen immer erst die Nagelprobe der »ökonomischen Vernunft« zu bestehen haben. Alles, was sich rechnet, hat in der Marktwirtschaft die Chance, realisiert zu werden, und dies um so eher, je größer die davon zu erwartenden Gewinne sind. Was dagegen Verluste bringt oder diese befürchten läßt, ist auf private oder öffentliche Unterstützung angewiesen und hat es ungleich viel schwerer - insbesondere in Zeiten, in denen die öffentlichen Mittel knapp geworden sind. Sogar die Chancen politischer Parteien bei demokratischen Wahlen hängen wesentlich davon ab, inwieweit ihnen die Wähler wirtschaftliche Kompetenz zutrauen. Fast alles, was die Nagelprobe wirtschaftlicher Vernunft nicht besteht, wird als veraltet, unrealistisch oder utopisch an den Rand gedrängt und ausgegrenzt, als habe es in unserer Gesellschaft keine eigenständige Existenzberechtigung. Die »Gesetze des Marktes« haben sich in ihrem Wirkungsbereich seit Jahrhunderten über Europa hinaus ausgedehnt - durch Fernhandel, Kolonialismus und die Entfaltung des Weltmarkts. Aber es gab immer noch große Teile der Erde, die von diesen Gesetzen nicht erfaßt waren oder sich ihnen widersetzt hatten. Das gilt nicht nur für die sozialistischen Systeme, in denen sich über Jahrzehnte hinweg keine tragfähige Alternative entwickelt hat und die in jüngerer Zeit (mit wenigen Ausnahmen) zusammen- beziehungsweise auseinandergebrochen sind; es gilt auch für die Gesellschaften und Lebensformen, die weitgehend unserem Blick und unserem Bewußtsein entrückt sind, aber in früheren Zeiten die wesentliche Existenzgrundlage und Lebensform der Menschen darstellten: die sich selbst versorgenden Gemeinschaften, die sogenannten »Subsistenzwirtschaften«. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaften
scheint nun der Weg endgültig frei, dem Glauben an die Segnungen der
Marktwirtschaft unter dem Begriff der »Globalisierung« weltweit zum
Durchbruch zu verhelfen. Diejenigen Teile der Welt, die von den Gesetzen
des Marktes noch ganz oder weitgehend unberührt geblieben sind, werden
immer kleiner. Waren es früher Armeen, mit denen andere Länder und
Kontinente erobert und unterworfen wurden, so sind es inzwischen
Unternehmen und Konzerne, die weltweit neue Märkte erobern. Problematisch daran ist nicht, daß es immer wieder solche blinden Flecken gegeben hat und gibt, sondern daß die auf unterschiedliche Art getrübten Sichtweisen sich jeweils als die ganze Wahrheit ausgaben und ihren Absolutheitsanspruch durchzusetzen versuchten - bis das jeweils Verdrängte sich sein Recht zum Teil mit Gewalt einforderte und Korrekturen in der Theoriebildung und in der Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse erzwang. Bislang Verdrängtes rückte dadurch ins Blickfeld, und so bestanden immer wieder Chancen, verzerrte Wahrnehmungen zu korrigieren. Was aber statt dessen im Bereich der Wirtschaftswissenschaft durch die Jahrhunderte hindurch geschehen ist, folgt nur wenig dieser Möglichkeit fortschreitender Bewußtseinsentwicklung, sondern läßt sich mehr als ein Prozeß wechselnder Verdrängungen interpretieren: An die Stelle der einen Trübung trat eine andere, mit jeweils problematischen bis verheerenden Konsequenzen für die soziale Realität. Wenn es nur »Bewußtseinstrübungen« von Menschen wären, die sich in den vermeintlichen Elfenbeinturm der Wissenschaft zurückgezogen haben, dann wäre vieles einfacher. Aber ihr Denken war (und ist) vielfach prägend für die Gestaltung der Lebensbedingungen von Millionen oder Milliarden von Menschen auf dieser Erde. Dieser Meinung war schon John Maynard Keynes, einer der bekanntesten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. 1936 schrieb er in seinem Hauptwerk >Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes<: »(...) die Gedanken der Ökonomen und Staatsphilosophen, sowohl wenn sie im Recht, als wenn sie im Unrecht sind, (sind) einflußreicher, als gemeinhin angenommen wird. Die Welt wird in der Tat durch nicht viel anderes beherrscht. Praktiker, die sich ganz frei von intellektuellem Einfluß glauben, sind gewöhnlich die Sklaven irgendeines verblichenen Ökonomen. Wahnsinnige in hoher Stellung, die Stimmen in der Luft hören, zapfen ihren wilden Irrsinn aus dem, was irgendein akademischer Schreiber ein paar Jahre vorher verfaßte.« Deshalb sollte die Gesellschaft die Priester der Ökonomie nicht einfach predigen lassen und blindlings danach handeln, sondern sich genauer ansehen und anhören, worum es bei den von ihnen verkündeten Weisheiten eigentlich geht. Das setzt allerdings voraus, daß deren Schriften erst einmal aus ihrer Wissenschaftssprache ins Deutsche übersetzt werden - in eine allgemeinverständliche Sprache und Darstellungsform, die es vielen Menschen überhaupt erst möglich macht, sich mit ihren Gedanken und deren Konsequenzen jeweils näher und kritisch auseinanderzusetzen. Das vorliegende Buch will dazu einen Beitrag leisten. Dabei geht es mir nicht nur darum, die jeweils blinden Flecken der Ökonomie darzulegen, sondern auch aufzuzeigen, welche »sehenden Flecken« die einzelnen Richtungen jeweils aufzuweisen hatten, die dann später wieder in Vergessenheit gerieten. Denn diese beinhalten die Chance eines umfassenderen und klareren Bildes von der Wirklichkeit. Anstelle dogmatischer Erstarrungen der unterschiedlichsten Ausprägungen, wie sie auch für die Geschichte der Wirtschaftswissenschaften kennzeichnend sind, gilt es, ein offenes System des Denkens und der Wahrnehmung zu entwickeln, das zu ständiger Weiterentwicklung im Kontakt mit der sich verändernden Realität fähig ist. Nur offene Systeme sind langfristig lebens- und überlebensfähig, geschlossene und starre Systeme gehen an ihrer eigenen Starrheit zugrunde. Das gilt auch für Denksysteme, insbesondere wenn sie - wie die Ökonomie - den Anspruch haben, die Lebensgrundlagen auf dieser Erde langfristig sichern zu helfen. Denn was sonst sollte gemeint sein mit der »optimalen Allokation der Ressourcen«? Es kann doch eigentlich nur darum gehen, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Geschöpfe dieser Erde möglichst weitgehend in ihr Entfaltungspotential hineinwachsen können, zu möglichst voller Blüte und Reifung sich entwickeln können: Männer wie Frauen, Kinder wie Alte, Schwarze wie Weiße, Rote wie Gelbe, Stämme wie Völker, Tiere wie Pflanzen, Himmel wie Erde. Kurz: daß der lebende Organismus Erde, der in den letzten Jahrhunderten durch die industrielle Entwicklung und verstärkt in den letzten Jahrzehnten immer mehr geschädigt worden ist, in allen seinen Teilen wieder gesunden kann. Die Schaffung einer insoweit heilsamen,
naturverträglichen Ökonomie wird eine wesentliche und notwendige
Voraussetzung für einen globalen Heilungsprozeß und für eine Heilung
des krank gewordenen sozialen Organismus der Industriegesellschaft sein.
Um auf diesem Weg voranzukommen, müssen wir uns auch der blinden Flecken
der Ökonomie bewußt werden, damit wir sie überwinden können. Und weil
die Lösung dieser Aufgabe am wenigsten von denen zu erwarten ist, die in
ihrer eigenen Blindheit gefangen sind, bedarf es vor allem auch der ganz
normalen Menschen, der Nicht-Experten, die vielfach noch offener für neue
und erweiterte Sichtweisen sind. An sie vor allem richtet sich dieses
Buch. Nach nunmehr über dreißig Jahren beruflicher Beschäftigung mit
Wirtschaftswissenschaft3 habe ich nicht nur das Vertrauen in
die Selbstheilungskräfte des Marktes, sondern auch in die
Selbstheilungskräfte der Ökonomie als Wissenschaft gründlich verloren. |
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Version: 16.08.23 17:14:53